 |
Ashish, mein Junge, und ich :) |
 |
Nudeln mit Tomatensoße und Käse. Fast wie @ home. |
 |
Gautam. |
Nun ist die zweite Woche auch schon wieder vorbei und ich muss sagen dass ich es so langsam akzeptiert habe, dass ich nun für eine lange Zeit in diesem merkwürdigen Land sein werde. Merkwürdig soll keinesfalls negativ sein. Es ist wohl eher dieses neue, unbekannte und befremdliche. Zum Beispiel funktioniert alles nur sehr langsam und ist trotzdem total chaotisch! Wir haben ständig Stromausfall. Aber ich will mich nicht beklagen, es ist ein Glück, dass wir überhaupt Strom und warmes Wasser haben dürfen. Das Internet funktioniert mittlerweile auch sehr gut, was ihr sicher schon bemerkt habt. ;-)
Mein Alltag ist komplett durchgeplant und ausgefüllt, was mich eher ärgert als erfreut. Um 7 stehe ich auf, halb 9 geht der Unterricht los in 1a – übrigens kann ich langsam die Namen der Kinder aussprechen und sie mir sogar merken- los und endet um 1. Es ist ziemlich anstrengend eine Bande kleiner Wichte im Alter von 5 bis 8 zu bändigen. Es sind 35 Mädchen und Jungen, wild, aber wirklich lieb und gut erzogen. Da können sich so manche deutschen Klassen und LehrerInnen etwas abschauen. Da meine Kinds in der Klasse noch sehr jung sind, können sie kaum Englisch sprechen. Das wiederum ist ein sehr großes Problem, denn ich verstehe sie nicht und sie mich nur ein bisschen. Aber das wird von Tag zu Tag besser. Der Stundenplan ist jeden Tag der gleiche. Englisch, Hindi, Mathe, EVS, Kunst, etc. Diese Woche haben wir, Pravnee (meine Lehrerin) und ich, eine Obstsalat gemacht. Der bestand aus Äpfeln, Bananen, eine Frucht die mir unbekannt ist, Zitronensaft und SALZ. Neu aber gar nicht so schlecht. Das Problem war nur, dass es mir die darauf folgende Nacht nicht so gut ging. Ich habe schon 2 „Krankheitsanfälle“ überstanden – mehr möchte ich dazu nicht sagen. ;)
Anschließend leiten Liese und ich zusammen den Chor, was sich als ziemliche Herausforderung herausgestellt hat. Für die Kinder ist sowohl Rhythmus als auch Harmonie ein Fremdwort, und die Melodie ist nur nebensächlich. Es geht eher darum, so laut wie möglich zu singen. Wir haben VIEL zu tun! Unser Projekt ist „Heal the world“ von Michael Jackson, das sollen wir dann am 18. November zur big celebration (Shishya wird 25 Jahre alt) aufführen.
Nach dem Chor essen wir halb 2 Mittag mit den jüngeren Jungs. Es gibt Reis mit einer gelben, nicht so leckeren, Soße. Jeden Tag. In jeder Woche. Klasse. Danach folgt die Hausaufgabenbetreuung, für mich der schönste Teil der Arbeit. Denn da können wir die Kids besser kennenlerne, mit ihnen rumalbern und ihnen helfen. Danach ist mein Arbeitstag vorbei und es geht weiter mit Vor- und Nachbereitungen für den Unterricht und den Chor.
Ich nutze die freie Zeit vor allem aber um zu meditieren, zu zeichnen, Klavier zu üben, aufzuräumen und mit euch zu kommunizieren.
Wenn ich abends ins Bett gehe, weiß ich genau was mich am nächsten Tag erwartet und was ich alles erleben werde. Überraschungen sind meistens unmöglich da wir hier in dem Shishyagelände sehr eingeschränkt sind. Trotzdem versuche ich es mir so schön wie möglich zu machen. Zum Beispiel kann man auf das Dach der Shishyaschool, der Ausblick ist umwerfend! Sowieso ist die Flora und die Natur hier ein Traum. Ich spiele auch viel mit Lindseys Kindern Joshna und Anoushka. Die 2 sind sehr süß und es freut mich immer sehr zu sehen, dass sie mich auch mögen. Gestern habe ich ein paar Stunden auf die beiden aufgepasst und mit ihnen Pancakes gemacht. Das war lecker und zugleich eine wunderbare Abwechslung zu dem (ebenfalls immer gleichen) Abendbrot. Da gibt’s immer Chepaties, das sind hauchdünne Fladen aus Wasser und Mehl, welche mit der gleichen Soße vom Mittag serviert werden. Lindsey bäckt den besten Kuchen den ich je gegessen habe. Sie gibt mir die Rezepte! J Ich bin gern bei ihr, denn es macht mir Spaß mich mit ihr zu unterhalten, und sie bietet uns Abwechslung in Form von Schmuckdesign und Kerzengießen.
Wir haben jedes zweite Wochenende frei. Die restlichen Wochenenden ersetzen wir die „Eltern“ der Jungs, das heißt, wir kümmern uns um die Sauberkeit der Häuser, verpflegen sie, lernen mit ihnen, spielen und beschäftigen sie. Dieses Wochenende sind wir dran – ich bin gespannt.
Diese Woche wurde ich sehr enttäuscht. Lindsey hat uns angeboten im Oktober mit nach Delhi zu nehmen. Ihre Mutter kommt sie aus Kanada besuchen und landet dort, darum muss sie sie dort abholen. Das ist eine wunderbare Möglichkeit für Liese, Kelsey und mich kostenlos und sicher mit nach Delhi zu fahren, eine private Stadtführung zu bekommen und einen Tag nach Agra zu fahren. ABER Frieda erlaubt es nicht. Einerseits versteh ich, dass sie nicht möchte, dass wir für 2 Tage fehlen, da im November das große Fest stattfindet und wir den Chor gut vorbereiten sollen. Doch dieser Ausflug war ein Lichtblick für mich. Ein kleines Abendteuer auf das ich mich so gefreut habe.
Ich habe zwar schon einiges erlebt, zum Beispiel waren wir in Selaqui und Dehra Dun, aber Delhi und Agra ist nun doch etwas anderes.
Was ich schreibe klingt für euch vielleicht etwas zu frustriert. Aber so schlimm ist es nicht. Es geht mir gut und ich bin sicher hier. Es macht mir auch wirklich ganz viel Spaß mit den Kindern zusammen zu sein. Und meine Abenteuer bekomme ich sicher auch noch. J Mit dem Heimweh klappt es übrigens mittlerweile auch. Was nicht heißt, dass ich euch nicht vermisse. Das tu ich, sehr sogar!
Ich denke viel an euch und habe schon jetzt gemerkt, wie wichtig mir die Familie ist.
Seit ganz lieb umarmt und bis zum nächsten Eintrag.